Markt 7

Storchenapotheke, Markt 7
10 März 2022

Geschichte des Wohn- und Geschäftshaus Markt 7

 

1882
Der Kaufmann August Böhmer (1822-1892) ließ das östlich neben seinem Wohn-und Geschäftshaus liegende, ihm gehörende Haus abbrechen, um einen Neubau mit zwei Vollgeschossen zu errichten. Durch die neugotische gestaltete Backsteinfassade erhielt das Gebäude ein stattliches Äußeres. Typisch war der Treppengiebel, dessen Stufen, verziert mit Zinnen und Blendbögen, über das steile Satteldach hinausragten.
Dr. Fred Kaspar

 

1887
Obwohl es als Mietshaus konzipiert war, gehörte das vom Nachbarhaus zugängliche Obergeschoss zum Wohnbereich der Familie Böhmer.
Zu den namhaften Mietern zählten der Regierungsbaumeister Theodor Dane aus Erwitte, zuständig für den 1887 abgeschlossenen Bau der Eisenbahnlinie, sowie Eberhard Jacobs, Gymnasiallehrer am Knickenbergschen Institut.
Dr. Fred Kaspar

 

1923
Die Brennerei und Landwirtschaft wurden seit 1923 nicht mehr selber von der Familie Böhmer betrieben, sondern an Heinrich Große Rüschkamp bis 1959 verpachtet. Das leer stehende Brennereigebäude hat man 1972 abgebrochen.
Dr. Fred Kaspar

 

1931
Heinrich Große Rüschkamp richtete in einer umgebauten Laube hinter dem Brennereigebäude zudem eine „Mineralwasserfabrikation“ ein. Nach seinem Tode wurde der Betrieb von seiner Witwe weitergeführt und erst 1959 eingestellt.
Dr. Fred Kaspar

 

1935
Im 20. Jahrhundert erfolgte der Ankauf der hinter dem Anwesen stehenden kleinen Grundstücken Königstraße 16 und 18, die nach Abbruch der dort stehenden Bauten als Geschäftserweiterung und Parkplatz genutzt werden.
Dr. Fred Kaspar

 

1958
Die Storchen – Apotheke wurde im Januar 1958 von Ursula und Dr. Wolfgang Kemna im Haus Markt 7 eröffnet. Sie war nach der Alten – Apotheke die zweite Apotheke in Telgte.
Ursula Niesert und Wolfgang Kemna hatten sich im Pharmaziestudium kennengelernt. Zu der Zeit konnte man nur eine bereits bestehende Apotheke übernehmen. Als die Niederlassungsfreiheit für Apotheker kam, entschlossen sich Ursula und Wolfgang Kemna, in dem von Ursula geerbten Haus Markt 7 eine Apotheke einzurichten. Sie bauten dabei nicht nur das bisher als Wohnung genutzte Erdgeschoss zu einem Laden und Labor mit Glasfront um, sondern entfernten auch Ende 1961 den gotischen Stufengiebel. Die Tageszeitung „Westfälische Nachrichten“ schrieb 1961: Durch den Umbau eines hohen Giebelhauses veränderte der Marktplatz sein gewohntes Aussehen, und zwar nicht zu seinem Nachteile. Als das vierte Kind unterwegs war, wurde der erste und zweite Stock endlich frei und die Familie konnte sich ausbreiten-sie hatten den Namen, den sie ihrer Apotheke gegeben hatten, mit Leben gefüllt.
In den ersten Jahren war es nicht einfach. Viele Telgter blieben der Alten Apotheke treu. Die bescheidene, sympathische Art der Kemnas und ihr Fachwissen, sowie ihre Bereitschaft zur umfassenden Beratung sorgten dafür, dass die Storchen-Apotheke immer beliebter wurde. Auch die Anti-Baby-Pille trug dazu bei: Die kauften die Telgter lieber nicht in der Alten Apotheke, sondern bei den nicht im Telgter Tratsch verwurzelten Neulingen.
Mitte der neunziger Jahre verabschiedeten sich Wolfgang und Ursula Kemna in den Ruhestand. Die Apotheke wurde von den Töchtern bis 2017 weitergeführt. Im Januar 2017 wurde die Storchen-Apotheke an Angelika Neuhaus verkauft.
Sibylle Kemna

 

Danksagung
Ich möchte mich bei allen herzlich bedanken, die mich mit Informationen unterstütz haben,  Dr. Fred Kaspar, Sibylle Kemna, Klaus Schwinger, Ingo Mayer, Britta Stratmann und Julia Plötzgen.
Hilmar Henke

Bemerkungen zu den Bildern
Bild 1:
Dr. Wolfgang Kemna starb im Alter von 90 Jahren im Januar 2018, Ursula im Alter von 92 Jahren im März 2018.
Bild 2 und 3:
Ladenlokal
Bild 4:
In einem Bericht der Tageszeitung „Westfälische Nachrichten“ vom Samstag/Sonntag, dem 11.12.1961 berichtet die Zeitung: Durch den Umbau eines hohen Giebelhauses veränderte der Marktplatz sein gewohntes Aussehen, und zwar nicht zu seinem Nachteile.
Bild 5:
Der Treppengiebel dessen Stufen, verziert mit Zinnen und Blendbögen ist seit 1961 nicht mehr vorhanden, da das Haus ein Krüppelwalmdach erhielt.