Christian Westphälinger

Christian Westphälinger

Geschichte des Hauses Herrenstraße 10 „Emshaus“

 

Das große, mit roten Mauerziegeln errichtete Haus liegt am östlichen Rand des historischen Stadtkerns mit Hanglage zur Ems. Es ist ein wichtiges Zeugnis des Färber- und Tuchmacherhandwerks, die in Telgte eine lange Tradition hatten, sowie der Schulgeschichte.
Stadtarchiv Telgte, Klaus Schwinger

1768
Die Hausnummer 97, (heute Herrenstraße 10) wurde 1768 erstmals im Hausstandsregister der Stadt Telgte erwähnt. Zur selben Zeit schätzte die „Münsterische Brandsozität“ den Wert des Hauses auf 615 RT.
Dr. Henning Thoholte

1779
Der Tuchmacher Joan Heinrich Dalmöller kaufte 1779 die schon länger am Emsufer stehende Färberei der Witwe Steitz, um sie durch einen vergrößerten Neubau zu ersetzen, solide ausgeführt als traufenständiges Backsteinhaus. Ab 1802 nutzte es sein Sohn Anton, Organist und Färber, als Wohnung und Werkstatt.
Stadtarchiv Telgte, Klaus Schwinger

1826
Die Geschwister Josephine und Franziska Roelen aus Münster richteten in dem ererbten und zuletzt als „Eikholtsche Färberei“ bezeichneten Gebäude um 1826 eine Tuchfabrik ein, die grobe Wollstoffe produzierte. Als das Gewerbe in den 1930er – Jahren in eine Krise geriet, musste die Fabrik aufgegeben werden.
Stadtarchiv Telgte, Klaus Schwinger

1834
Nach dem Erwerb durch die Stadt Telgte 1834, ließ diese das Gebäude zu einer Volksschule mit zwei Klassenräumen (für Mädchen und Jungen) und zwei Wohnungen für das Lehrpersonal umbauen, das bis 1932, zuletzt von der privaten höheren Töchterschule, genutzt wurde. Zwischenzeitlich diente es als Lagerraum der Bettfedernfabrik von Oscar Schräder, die sich von 1872 bis 1909 in dem Gebäude nebenan befand. Der Durchbruch zwischen den Häusern ist noch erkennbar.
Dr. Henning Thoholte

1905
Oscar Schräder kaufte das Schulgebäude, weil er Lagerraum für seine angrenzende Bettfedernfabrik benötigte. Nach deren Konkurs 1909 wurde seine Schwester Emmy, Ehefrau des Ministerialrats Robert Thoholte in Berlin Besitzerin des Hauses.
Stadtarchiv Telgte, Klaus Schwinger

1932/1934
Nach dem Auszug der Töchterschule 1932, veranlasste der damalige Eigentümer Geheimrat Robert Thoholte (Ministerialrat i. R.), 1942 den Umbau der Klassenzimmer zu Wohnraum. Nach dem Umbau wird das Gebäude noch heute von ihren Nachfahren bewohnt und wird jetzt von ihnen als „Emshaus“ bezeichnet.
Dr. Henning Thoholte

1960
Nach dem Jahrhunderthochwasser vom 9.Februarr 1946, veranlasste Hubertus Thoholte sen. eine Kernsanierung, um die Bausubstanz des Hauses vollständig wiederherzustellen.
Dr. Henning Thoholte

2007
Einrichtung einer Privatpraxis für Orthopädie im OG durch Dr. med. Henning Thoholte.
Dr. Henning Thoholte

2018
Aufgabe der Praxis und Nutzung des Hauses als Wohnhaus durch Nachkommen der Familie Thoholte (Jetzt 6. Generation der Familie Thoholte).
Dr. Henning Thoholte

 

Danksagung
Ich möchte mich bei allen herzlich bedanken, die mich mit Informationen unterstütz haben, Dr. Henning Thoholte, Dr. Fred Kaspar, Stadtarchiv Telgte Klaus Schwinger.

Hilmar Henke

 

Bemerkungen zu den Bildern
Bild 1:
Haus Herrenstraße 10 „Emshaus“, 2009

Bild 2:
.

Bild 3:
Schulplatz der Töchterschule, 1920

Bild 4 und 5:
1946.

Bild 6:
1952.

Bild  7:
1959.

 

Bildnachweis:
Bild 2 bis 5, Die Reihe Archivbilder von Klaus Schwinger
alle anderen, Dr. med. Henning Thoholte

Aktuelle Informationen zum Blaufärberhaus finden Sie ab sofort auch hier und unter <ARBEITSKREISE>.

Ein Flyer des Blaufärberhauses ist im Bereich <SERVICE> <Downloads> zur Ansicht oder zum runterladen bereitgestellt.

 

Geschichte des Hauses Markt 6 „Alter Gasthof Seiling“

 

1676
Die Zahl der Gastwirtschaften um 1670 war entsprechend der Bedeutung des Ortes als ländlicher Zentralort und Wallfahrtstadt groß. So hieß 1676 die jetzige Gaststätte Seiling „Im Roten Hirsch“.
Dr. Walter Gockeln

1785
Ab 1785 trugen konzessionierte Gaststätten ein Schild mit der Bezeichnung „Schankwirtschaft“ am Gebäude. Der Steuersatz für die Gaststätte „Im Roten Hirsch“ betrug 2 Thaler. 21 Schilling, 8 Pfennig im Jahr.
Dr. Walter Gockeln

1856
Das heutige Gebäude ließ der Gastwirt Anton Westdarp (geb. 11.12.1826 in Telgte), 1856 durch Zusammenbau zweier älterer Häuser schaffen. Der Neubau bot im rechten Teil nicht nur Gasträume, einen Tanzsaal und Zimmer für die Nacht, sondern hinter den beiden Toreinfahrten links lagen die Pferdeställe, die für die mit ihren Kutschen anreisenden bäuerlichen Kirchenbesucher und Gäste als Ausspannmöglichkeit nutzten. Hinter dem Haus bestanden zudem weitere Wirtschaftsgebäude, in denen Getreide gelagert, Kühe und Schweine gehalten wurden. Die Wirte deren Familiennamen, Westarp, Horsthenke, Seiling und Bauhaus sich durch Einheirat wiederholt änderten, waren stets auch Bauer, Bäcker und Brauer.
Dr. Fred Kaspar, Klaus Schwinger

1903
1903 gab es einen Besitzerwechsel und es erfolgte die Umbenennung in „Gasthof Seiling“ nach dem neuen Besitzer, sowie grundlegende Modernisierungen. Dabei wurden die beiden Deelentore auf der linken Seite zu einem Scheunentor umgebaut.
Klaus Schwinger

1914
Noch bis zum Ersten Weltkrieg wurde hier im Gasthaus Bier gebraut, wo hierfür ausreichender Platz vorhanden war. Das notwendige Malz wurde in einer Darre auf dem Dachboden des Hauses hergestellt, während zum Brauen ein hoher Raum in dem rückwärtigen Flügelbau des Gasthauses genutzt wurde. Das Bier lagerte man anschließend in den weitläufigen Gewölbekellern unter dem Haus.
Klaus Schwinger

1949
Die Tochter Maria des Bauern Seiling aus Ahlen heiratete 1949 Oswald Bauhaus aus Iburg, der im November 1979 verstarb. Seither führte Maria Bauhaus allein nun das nicht gerade kleine Haus, in dem vor Jahren die Gastwirtschaft um einen Teil der früher landwirtschaftlich genutzten Tenne ergänzt wurde. Maria Bauhaus wird es jetzt zu viel zumal noch 20 Betten zum Hotel gehören, die vor allem bei Wallfahrten noch immer stark gefragt sind.
Maria Bauhaus möchte das Haus verkaufen, aus der Verwandtschaft gibt es keinen geeigneten Nachfolger, sodass sie den Weg des Verkaufens auf dem offenen Markt beschließt.
Stadtarchiv Telgte, Best. D, Zeitungssammlung

1986
Am 17. April 1986 wurde das Wohn- und Gasthaus Markt 6 in die Liste der Baudenkmäler in Telgte unter der Denkmalnummer I/65 eingetragen.
Archiv Telgte

1988
Im Februar 1988 sind sich Maria Bauhaus und die Ärzte Dr. Reiner Winter und Dr. Günter Buchholz handelseinig geworden. Und haben auch schon erste Planungsvorstellungen. Neben der Gaststätte soll unten noch ein Geschäftsraum entstehen; das erste Geschoß soll – auf 250 Quadratmeter – zwei Praxen aufnehmen, (u. a. eine Kranken-Gymnastikerin) und im Dachgeschoß sollen zwei Wohnungen ausgebaut werden. Auch nach dem Umbau wird es hier eine Gaststätte geben.
Stadtarchiv Telgte, Best. D, Zeitungssammlung

1990
Nach langwierigen Renovierungsarbeiten der letzten Monate mit einigen Überraschungen war ein frischrenoviertes „Historisches Schmuckstück“ im Februar 1990 fertiggestellt worden.
Stadtarchiv Telgte, Best. D, Zeitungssammlung

2000
Seit 2000 befindet sich das denkmalgeschützte Gebäude im Besitz der Familie Wolfgang Paul aus Münster. Das Geschäftslokal in der linken Toreinfahrt wurde bis 2003 an die Brillengalerie Groll vermietet, anschließend ab 2004 an die Hörakustikerin Alexandra Sirocks.
Hilmar Henke

2005
Die Familie Eyben ist seit 1988 in der Telgter Gastronomie vertreten und führt seit 2005 den „Alten Gasthof Seiling“.
Hilmar Henke

2018
Der langjährige Mitarbeiter Krishna Thapa hat seit 2018 die Geschäftsführung übernommen und führt den „Alten Gasthof Seiling“ bis heute.
Hilmar Henke

 

Danksagung
Ich möchte mich bei allen herzlich bedanken, die mich mit Informationen unterstütz haben, Dr. Fred Kaspar, Klaus Schwinger, Ingo Mayer, Britta Stratmann und die Westfälische Nachrichten.
Hilmar Henke

 

Bemerkungen zu den Bildern
Bild 1:
Markt 6 in der Ansicht vor 1903.

Bild 2:
1903 wurde der Gasthof grundlegend modernisiert. Ursprünglich hatte das Gebäude auf der linken Seite zwei nebeneinander angeordnete Deelentore.

Bild 3:
Zeichnung nach dem Umbau von 1990. Die drei Dachgauben benötigte man für die beiden neuen Wohnungen in dem ausgebauten Dachgeschoß. Statt des vormals einen sind es nun wieder zwei Torbögen, die , wie das Scheunentor, von der zugleich landwirtschaftlichen Vergangenheit des Gebäudes zeugen. Alte Fotos aus der Zeit der Jahrhundertwende dokumentieren noch diesen Zustand.

Bild 4:
Markt 6 in der heutigen Ansicht

Bilanz nach erfolgreichen Einsätzen

Die „Banktherapeuten“ des Heimatvereins Telgte 1900 e.V. haben bisher für die Erledigung der Aufgaben entsprechend des Vertrages mit der Stadt ca. 3.650 Std. an Arbeit geleistet. Wir sind natürlich dabei auch älter geworden. Der Schnitt liegt bei knapp unter 80 Jahren. Das sagt aus, dass unbedingt jüngere Vereinsmitglieder, die Freude an handwerklichen Arbeiten und vor allem an einer guten Gemeinschaft finden, sich melden sollten oder sich am 1. Dienstag jeden Monats zum Treffen der „Banktherapeuten“ im Marktkaffe Telgte, um 10.00 Uhr, einfinden sollten.

 

Unterwegs im Auftrag der Stadt Telgte

Vor einigen Wochen hat uns der Grüningenieur der Stadtverwaltung Telgte, Herr Gerdes, gebeten, mit ihm in einigen Gebieten Positionen für neu aufzustellende Bänke zu erkunden. Er wurde von Besuchern der Stadt darauf hingewiesen, dass hier Sitzmöglichkeiten fehlten. Es hat sich dabei herausgestellt, dass keine Bänke mehr zur Verfügung stehen, also eigentlich nur die Möglichkeit besteht, neue Bänke anzuschaffen. Nach einer Diskussion unter uns „Banktherapeuten“ haben wir dann entschieden, zehn neue Bänke zu fertigen. Diese sollen dann komplett als Stahluntergestell mit Stahlrahmen-Sitzen und Stahlrahmen-Lehnen, Kunststoff beschichtet, gefertigt werden.

Geschichte des Alten Rathauses Markt 1

 

1238
Mit der Stadtwerdung 1238 erhielt Telgte das Recht der Selbstverwaltung. Anfänglich trafen Stadtrichter und Schöffen, später Bürgermeister und Rat die stadtpolitischen Entscheidungen. Sitz der Verwaltungsbehörde war das Rathaus am Markt.
Stadtarchiv Telgte, Urkundenbest., Best. A

 

1499/1500
Vom ersten Rathaus besteht nur eine Handzeichnung, die sich beim Landesamt für Denkmalpflege in Münster befindet und das vermeintliche Aussehen des alten Rathauses wiederzugeben versucht. Sie zeigt das nach dem Stadtbrand 1499/1500 entstandene Rathaus mit einer zur Kapellenstraße hin gelegenen gotischen Bogenhalle, die aller Wahrscheinlichkeit nach bei öffentlichen Sitzungen des Stadtgerichtes und auch zur Aufstellung von Verkaufsständen benutzt wurde. Des Weiteren versammelten sich dort das Schöffenkollegium und der Rat. Zudem kamen dem Rathaus weitere Verwaltungsaufgaben zu: Es war zugleich Gerichtsstube und städtische Waage. Am Rathaus befand sich außerdem das städtische Ellenmaß, Ausdruck des Marktrechtes.
Stadtarchiv Telgte, Best. A

 

1786
Nach dem Siebenjährigen Krieg (1756 – 1763) erholte sich die wirtschaftliche Lage der Stadt Telgte mit der Entwicklung der Tuch- und Strumpfweberei. Als Ausdruck der städtischen Bedeutung wurde 1786 das vorhandene Rathaus am Marktplatz grundlegend erneuert. Zeitweilig (bis 1830) beherbergte es auch die Schule. Zwischen 1819 und 1854 war das Rathaus zugleich das Zollhaus der Stadt: Der Dachausbau auf der Westfront des Rathauses diente als Aufhängung für den Kran zum Wiegen der Zollwaren.
Stadtarchiv Telgte, Best. A, Best. B

 

1905/1908
Am 4. November 1905 fasste die Amtsversammlung den Entschluss, aufgrund von Raummangel ein größeres Amtshaus zu bauen. Eine Renovierung des alten Gebäudes lohnte sich nicht mehr; 1907 wurde sein Abbruch genehmigt. Das neue Rathaus am Marktplatz sollte von der Amtsverwaltung für einen Betrag von 500 Mark jährlich gemietet werden. Für die Bauarbeiten, die der bekannte Architekt Fritz Weinmann aus Münster leitete, wurden über 19818 Mark veranschlagt. Während der Bauzeit wurde das Amtsbüro vorübergehend in der Gastwirtschaft Hubert Schlautmann am Kirchplatz untergebracht.
Es entstand ein Bau in typischen Formen, mit malerischem, der Altstadt angemessenen Umriss. In der Front zur Kapellenstraße brachte man ein Chronogramm mit der Inschrift „Dein Wohl, Stadt Telgte, sei dieses Hauses einzige und ganze Sorge“ an, das sich dort bis 1953 befand. Im November 1908 war das neue Rathaus bezugsfertig. Die geräumige Dienstwohnung des Amtmanns mit fünf Zimmern, Küche und Bad befand sich im ersten Stockwerk. Die Diensträume der Verwaltung richtete man im Erdgeschoß und in der zweiten Etage ein.
Fred Kaspar, Stadtarchiv Telgte, Best. C

 

1974
Wegen steigender Einwohnerzahlen und der Entwicklung hin zu einer bürgernahen Verwaltung nahmen die Aufgaben der Stadtverwaltung zu und die räumlichen Kapazitäten im Rathaus am Markt waren nicht mehr ausreichend. Auch der Sitzungssaal war zu klein geworden. Ab 1967 wurden Rücklagen für einen Rathausneubau gebildet, 1970 der Rathausneubauausschuss gewählt und 1971 der Standort am Baßfeld festgelegt.
Am 11.Oktober 1974 wurde das neue Rathaus am Baßfeld eingeweiht; infolgedessen konnte das alte Rathaus für die Stadtbücherei, Volkshochschule und Touristik & Kultur genutzt werden.
Stadtarchiv Telgte, Best. D

 

1984
Bei Umbauarbeiten 1984 entdeckte man in der Westfront des Rathauses Dokumente, die dort 1907 eingemauert worden waren. Es handelt sich dabei um verschiedene Dokumente: Kirchenrechnungen, Gerichtsakten, Nachlassregelungen und einigen Kleinmünzen aus dem Jahr 1907.
Stadtrchiv Telgte, Best. D, Zeitungssammlung

 

1986
Das ehemalige alte Rathaus Markt 1, wurde am 25. Februar 1986 in die Liste der Baudenkmäler in Telgte mit folgenden charakteristischen Merkmalen eingetragen:

Zweigeschossiges Eckgebäude mit ausgebautem pfannengedecktem Mansarddach; zum Marktplatz traufenständig mit Mittelrisalit; darin links im Untergeschoß der Eingang; Okulus in der Giebelspitze des Mittelrisalits; hoher Werksteinsockel; Eckerker über breiten Konsolen zur Kapellenstraße; rechts daran anschließend Balkon mit originalem Eisengitter im späten Jugendstil; Fenster zum größten Teil original; stark profiliertes Kranzgesims auf Eckkonsolen; moderner Eingang im Untergeschoß rechts auf der Marktseite; originale Kellervergitterung; Zwerchhaus in der Verlängerung des rechten Eingangs mit leicht vorkragendem Giebel.
Dr. Fred Kaspar

 

2001
Seit 2001 gehört das alte Rathaus mit dem angrenzenden Neubau zum Treffpunkt Telgte, in dem Stadttouristik, Stadtbücherei und Volkshochschule untergebracht sind.
Stadtarchiv Telgte, Best. E, Zeitungssammlung

Danksagung
Ich möchten mich bei allen herzlich bedanken, die mich mit Informationen unterstützt haben,  Dr. Fred Kaspar, Klaus Schwinger, Ingo Mayer, Britta Stratmann, Dr. Cornelia Kneppe und Julia Plötzgen.

Hilmar Henke

Bemerkungen zu den Bildern
Bild 1:
Diese Rekonstruktionszeichnung für das erste Rathaus 1499/1500 in Telgte liegt im Archiv des Westfälischen Amts für Denkmalpflege in Münster.

Bild 2 und 3:
Das grundlegend erneuerte erste Rathaus von 1787.

Bild 4:
Die lateinische Inschrift in dem Chronogramm im Giebel zur Kapellenstraße lautet: Deo favente Telgetani expensis civitatis renovabant curiam.
Übersetzt: Durch Gottes Gnade, Gunst, Hilfe erneuerten die Telgter nach Vergrößerung der Stadt das Rathaus.
Die hervorgehobenen römischen Zahlenbuchstaben ergeben einzeln addiert das Jahr 1787. Inschriften auf Bauwerken, geben in Chronogrammen sehr häufig den Abschluss des Baus oder der Renovierungen an.

Bild 5:
Das zweite Rathaus 1907/1908.

Bild 6:
Die lateinische Inschrift in dem Chronogramm im Giebel zur Kapellenstraße lautet: SaL Vs tVa CIVIt as tilgetan a sIt hVIs DoMVs VnICa CaV safIsqVe tot Vs.
Übersetzt: Dein Wohl, Stadt Telgte, sei dieses Haus einzige und ganze Sorge.

Geschichte des Wohn- und Geschäftshaus Markt 7

 

1882
Der Kaufmann August Böhmer (1822-1892) ließ das östlich neben seinem Wohn-und Geschäftshaus liegende, ihm gehörende Haus abbrechen, um einen Neubau mit zwei Vollgeschossen zu errichten. Durch die neugotische gestaltete Backsteinfassade erhielt das Gebäude ein stattliches Äußeres. Typisch war der Treppengiebel, dessen Stufen, verziert mit Zinnen und Blendbögen, über das steile Satteldach hinausragten.
Dr. Fred Kaspar

 

1887
Obwohl es als Mietshaus konzipiert war, gehörte das vom Nachbarhaus zugängliche Obergeschoss zum Wohnbereich der Familie Böhmer.
Zu den namhaften Mietern zählten der Regierungsbaumeister Theodor Dane aus Erwitte, zuständig für den 1887 abgeschlossenen Bau der Eisenbahnlinie, sowie Eberhard Jacobs, Gymnasiallehrer am Knickenbergschen Institut.
Dr. Fred Kaspar

 

1923
Die Brennerei und Landwirtschaft wurden seit 1923 nicht mehr selber von der Familie Böhmer betrieben, sondern an Heinrich Große Rüschkamp bis 1959 verpachtet. Das leer stehende Brennereigebäude hat man 1972 abgebrochen.
Dr. Fred Kaspar

 

1931
Heinrich Große Rüschkamp richtete in einer umgebauten Laube hinter dem Brennereigebäude zudem eine „Mineralwasserfabrikation“ ein. Nach seinem Tode wurde der Betrieb von seiner Witwe weitergeführt und erst 1959 eingestellt.
Dr. Fred Kaspar

 

1935
Im 20. Jahrhundert erfolgte der Ankauf der hinter dem Anwesen stehenden kleinen Grundstücken Königstraße 16 und 18, die nach Abbruch der dort stehenden Bauten als Geschäftserweiterung und Parkplatz genutzt werden.
Dr. Fred Kaspar

 

1958
Die Storchen – Apotheke wurde im Januar 1958 von Ursula und Dr. Wolfgang Kemna im Haus Markt 7 eröffnet. Sie war nach der Alten – Apotheke die zweite Apotheke in Telgte.
Ursula Niesert und Wolfgang Kemna hatten sich im Pharmaziestudium kennengelernt. Zu der Zeit konnte man nur eine bereits bestehende Apotheke übernehmen. Als die Niederlassungsfreiheit für Apotheker kam, entschlossen sich Ursula und Wolfgang Kemna, in dem von Ursula geerbten Haus Markt 7 eine Apotheke einzurichten. Sie bauten dabei nicht nur das bisher als Wohnung genutzte Erdgeschoss zu einem Laden und Labor mit Glasfront um, sondern entfernten auch Ende 1961 den gotischen Stufengiebel. Die Tageszeitung „Westfälische Nachrichten“ schrieb 1961: Durch den Umbau eines hohen Giebelhauses veränderte der Marktplatz sein gewohntes Aussehen, und zwar nicht zu seinem Nachteile. Als das vierte Kind unterwegs war, wurde der erste und zweite Stock endlich frei und die Familie konnte sich ausbreiten-sie hatten den Namen, den sie ihrer Apotheke gegeben hatten, mit Leben gefüllt.
In den ersten Jahren war es nicht einfach. Viele Telgter blieben der Alten Apotheke treu. Die bescheidene, sympathische Art der Kemnas und ihr Fachwissen, sowie ihre Bereitschaft zur umfassenden Beratung sorgten dafür, dass die Storchen-Apotheke immer beliebter wurde. Auch die Anti-Baby-Pille trug dazu bei: Die kauften die Telgter lieber nicht in der Alten Apotheke, sondern bei den nicht im Telgter Tratsch verwurzelten Neulingen.
Mitte der neunziger Jahre verabschiedeten sich Wolfgang und Ursula Kemna in den Ruhestand. Die Apotheke wurde von den Töchtern bis 2017 weitergeführt. Im Januar 2017 wurde die Storchen-Apotheke an Angelika Neuhaus verkauft.
Sibylle Kemna

 

Danksagung
Ich möchte mich bei allen herzlich bedanken, die mich mit Informationen unterstütz haben,  Dr. Fred Kaspar, Sibylle Kemna, Klaus Schwinger, Ingo Mayer, Britta Stratmann und Julia Plötzgen.
Hilmar Henke

Bemerkungen zu den Bildern
Bild 1:
Dr. Wolfgang Kemna starb im Alter von 90 Jahren im Januar 2018, Ursula im Alter von 92 Jahren im März 2018.
Bild 2 und 3:
Ladenlokal
Bild 4:
In einem Bericht der Tageszeitung „Westfälische Nachrichten“ vom Samstag/Sonntag, dem 11.12.1961 berichtet die Zeitung: Durch den Umbau eines hohen Giebelhauses veränderte der Marktplatz sein gewohntes Aussehen, und zwar nicht zu seinem Nachteile.
Bild 5:
Der Treppengiebel dessen Stufen, verziert mit Zinnen und Blendbögen ist seit 1961 nicht mehr vorhanden, da das Haus ein Krüppelwalmdach erhielt.

Geschichte des Wohn- und Geschäftshaus Markt 4

 

1776
Andreas Helfferich (1745-1803), ein Holz- und Weinhändler aus dem Mainfränkischen Ort Marktheidenfeld erwarb 1776 das Bürgerrecht der Stadt Telgte. Nachdem er Maria Theresia Stubbe (1759-1789) in Telgte Sankt Clemens (1776) geheiratet hatte, ließen beide ein großes zweigeschossiges Haus mit Gewölbekeller errichten, das sich mit seinem Walmdach und seiner Fassadengestaltung von den anderen Gebäuden in der Stadt deutlich unterschied. Von hier aus leitete Andreas Helfferich bis zu seinem Tod (1874) seine Geschäfte. Sein Sohn Theodorus Maximinus (1786-1860) führte den Weinhandel durch die Wirren der französischen Revolution weiter. Am 3.November 1813 heiratete er in Telgte Sankt Clemens Maria Anna Koch (1788-1858); am 16.November 1817 wurde ihr Sohn Anton geboren.
Dr. Fred Kaspar, Klaus Schwinger, Hilmar Henke

 

1845
Anton Helfferich (1817-1874) heiratete am 8.Oktober 1845 die Telgter Kaufmannstochter Julia Böhmer (1724-1872) aus Telgte. Der Enkel des Gründers führte in 3. Generation die Tradition als Weinhändler fort. Sie bekamen fünf Kinder, von denen drei Söhne noch im Kindesalter verstorben sind.
Dr. Fred Kaspar, Klaus Schwinger, Hilmar Henke

 

1871
Die älteste Tochter Julia Johanna Helfferich (1846-1895) heiratete am 25.August 1871 den Telgter Arzt Dr. med. August zu Verth. Durch diese Einheirat kam das Haus in den Besitz des Arztes Dr. August zur Verth (1843-1915), der sich über seine beruflichen Pflichten hinaus in vielen öffentlichen Bereichen engagierte.
Dr. Fred Kaspar, Klaus Schwinger, Hilmar Henke

 

1874
Nach dem Tod ihres Vaters vermietete Julia Johanna Helfferich (1846-1895) das traditionsreiche Gewölbe an den Wein- und Spirituosenhändler Schumacher.
Dr. Fred Kaspar, Klaus Schwinger

 

1922
Ab 1922 praktizierte der Arzt Dr. Ernst Hölscher in dem Haus; er wohnte dort bis 1965.
Dr. Fred Kaspar, Klaus Schwinger

 

1939
Im zweiten Weltkrieg wurde der Weinkeller zweckentfremdet und als Luftschutzkeller genutzt. Erzählungen nach heißt es, das in vielen Momenten mancher Wein durch schwere Stunden half.
Westfälische Nachrichten

 

1971
Anfang der 1970er-Jahre kaufte der Gärtnermeister Karl-Erich Böttcher das ehemalige „Arzthaus“, um es vor dem Abbruch zu retten und richtete darin ein Blumengeschäft mit Kunstgewerbe ein. In den Obergeschossen befinden sich Räume für eine Arztpraxis.
Dr. Fred Kaspar, Klaus Schwinger

 

1988
Nach schwierigen und sehr aufwendigen Renovierungsarbeiten der alten Kellergewölbe, eröffnete Karl-Erich Böttcher 1988 sie wieder für den Zweck zu nutzen, für den sie vor über 200 Jahren gebaut wurden: Für den Wein.
Westfälische Nachrichten, Hilmar Henke

 

 

Danksagung
Ich möchte mich bei allen herzlich bedanken, die mich mit Informationen unterstütz haben, Dr. Fred Kaspar, Klaus Schwinger, Ingo Mayer, Britta Stratmann.

 

Hilmar Henke 

Geschichte des Wohn- und Geschäftshaus Markt 5

 

1768
In dem Brandsozietätskataster von 1768 ist für das Haus Markt 5 (früher Markt 45) mit Hinterhof der Eigentümer August Oistendorff eingetragen.
Archiv Telgte

 

1785
Das Anwesen an zentraler Stelle in der Stadt wurde seit langem als Gasthaus, ehemals „Im doppelten Adler“, genutzt.
Archiv Telgte

 

1803
Nachdem der zugewanderte Johann Himmely die Tochter Anna Angela Theresia Franciska Oistendorff geheiratet hatte, ließ man ein neues Gasthaus und Hotel errichten, zu dem in der Nachbarschaft noch Brauhaus und Stallscheunen gehörten. Es galt als das vornehmste Hotel der Stadt Telgte. Von 1803 - 1835 war die Wirtschaft auch Postgasthof, an dem die Postkutsche Station machte. Vor allem zum „Mariä-Geburts-Markt“, der früher mit einem bedeutenden Hanfmarkt verbunden war, kamen viele Großeinkäufer, Fabrikanten, Weber und Seilmacher, die – wenn der Geldbeutel es erlaubte – bei Himmely abstiegen. Hier wurden sie gastfreundlich aufgenommen. Als Himmely 1834 starb, führte seine Witwe das Hotel weiter. 1865 wurde Franz Lange neuer Besitzer des Hotels.
Archiv Telgte, Fred Kaspar, Bischöfliches Generalvikariat Münster Barbara Steinberg

 

1853
Die Geschwister Fräulein Henriette, Ernestine und Wilhelmine Himmely verkauften1853 vor dem „Königlichen Notare, Justiz-Rate Friederich Leesemann zu Münster“, das Nebenhaus an den Gastwirt Anton Westdarp.
Hermann Bolle

 

1856
Früher hat auch noch der heute zur Gaststätte „Alter Gasthof Seiling“ gehörende Gebäudeteil mit den beiden Toreinfahrten zum Hotel Markt 5 gehört. 1856 ließ der Gastwirt Anton Westdarp vom Brauhaus Seiling durch den Zusammenbau zweier älterer Häuser und dem Gebäudeteil mit den beiden Toreinfahrten von dem Hotel Markt 5 ein neues Gasthaus errichten.
Fred Kaspar

 

1865
Franz Josef Lange (1815-1872) und Ehefrau Johanne geb. Schapmann kauften 1865 das Hotel Markt 5 von Fräulein Henriette Himmeley aus Telgte und dem Amtmann Ferdinand Holstein und Wilhelmine Holstein geb. Himmely aus Nordwalde.
Archiv Telgte 

 

1870
Der Telgter Arzt Dr. August zu Verth (1843-1915) kaufte das Haus 1870, um dort mit seiner Frau Julia Johanna Helferich (Tochter des Weinhändlers Helferich, Markt 4), die er 1871 in der Clemenskirche in Telgte geheiratet hatte, einzuziehen. Dr. med. August zu Verth, der auch die Patienten im 1848 fertiggestellten Rochus-Hospital betreute, engagierte sich über seine beruflichen Pflichten hinaus in vielen öffentlichen Bereichen. So ist zum Beispiel der Bau der Emsbadeanstalt 1889, die bis Anfang der 60er Jahre bestanden hat, auf seine Initiative zurückzuführen.
Fred Kaspar,  Hermann Bolle

 

1878
Der Kaufmann August Schräder erwarb 1878 das Haus Markt 5, um es vorübergehend an die Lehrerin „Fräulein Elise Tenbaum“ zu vermieten, die darin eine höhere Töchterschule mit Pensionat einrichtete. Anfang der 1880er Jahre bezog sie mit der Töchterschule einen Neubau am Münstertor (Marienheim).
Archiv Telgte

 

1880
Neuer Mieter wurde nun der Jude Selig Jakob Jakobsohn (1816-1886) mit seiner Ehefrau Pauline Geldmacher, geb. 1838, der als Metzger und Krämer eine zehnköpfige Familie zu versorgen hatte.
Archiv Telgte

 

1912
Der Kaufmann August Schräder, der als Unternehmer etliche Rückschläge erlitten hatte, verkaufte das Haus Markt 5, an den Oberlehrer des Knickenbergschen Instituts Joseph Burgholz.
Archiv Telgte 

 

1952
Die damalige Hauseigentümerin Fräulein Elisabeth Burgholz verkaufte 1952 einen Teil ihres Gartengrundstückes an den Malermeister Joseph Daldrup-Stattmann zur Errichtung eines Werkstattgebäudes. Der Verkauf des Grundstückes war vermutlich der Grund um die Kosten des Wasser- und Kanalisationsanschlusses aufbringen zu können.
Hans Schürmann

 

1953
Neuer Mieter wurde der Drogist Alexander Schürmann und richtete in dem Haus Markt 5 eine Drogerie ein. In einem Brief beschreibt sein Sohn von Hans Schürmann die Wasserversorgung bis 1953 in diesem Haus. Bis Ende der fünfziger Jahre lagen in der Telgter Innenstadt Brunnen und Sickergruben nur wenige Meter voneinander entfernt und waren in Betrieb. Eine Sensibilität im Sinne heutiger Umweltbestimmungen war somit überhaupt nicht vorhanden.
Hans Schürmann

 

1956
Der Drogist Alexander Schürmann erwarb das Haus Markt 5, 1956 von Frau Elisabeth Burgholz. Alexander Schürmann führte seine Drogerie bis Dezember 1982.
Archiv Telgte

 

1983
In den Folgejahren bis 2008 wurden die Verkaufsräume verschiedentlich genutzt: als Quelle - Verkaufsagentur, Modegeschäfte sowie für eine Schneiderei.
Archiv Telgte

 

1987
Das Amt für Denkmalpflege möchte das Haus Markt 5 in die Denkmalliste Telgte eintragen. Der Eigentümer Alexander Schürmann spricht sich dagegen aus, da er hohe Kosten befürchtet.
Archiv Telgte

 

1988
Das Amt für Denkmalpflege beurteilte am 09.Juni 1988 das Wohn- und Geschäftshaus Markt 5. „Das Gebäude ist ein gutes Beispiel für schlichte spätbarocke Gestaltung eines Bürgerhauses und daher von wissenschaftlicher Bedeutung. Mit seiner Giebelfront zum historischen Markt und der linken Traufwand zur Steinstraße ist es – im Verein mit den benachbarten Baudenkmälern Markt 4 und 6 – in hohem Maße ortsbildprägend und daher von Städtebaulicher und ortsgeschichtlicher Bedeutung.“
Archiv Telgte

 

1994
Das Wohn- und Geschäftshaus Markt 5 wurde am 05. April 1994 in die Liste der Baudenkmäler in Telgte unter der Denkmalnummer I/64 eingetragen.
Begründung: Bei dem o.g. Objekt handelt es sich um ein Baudenkmal gemäß § 2 DSchG. Dieses ergibt sich aus nachfolgenden Gründen: Backsteingiebelhaus mit schiefergedecktem Krüppelwalm; Fenster mit Werksteingewänden; im Obergeschoß zu fünf Achsen; zweigeschossig; Giebel ausgebaut zu drei Achsen; im Erdgeschoß modernisiert mit Ladeneinbau; linke Traufseite verputzt; voll unterkellert; linke Traufseite zu sechs Achsen mit Tür in zweiter Achse rechts und originalen Fenstern; im Obergeschoß acht Achsen, die beiden rechten zugesetzt.
Archiv Telgte

 

1998
Dipl. Ing. Hermann Bolle erwarb 1998 das Wohn- und Geschäftshaus Markt 5.
Hermann Bolle

 

2008
Die Inhaber Stefanie König, Reinhold Schmelter und Günther Schröer eröffneten 2008 die „Telgter Kaffeerösterei“.
Internet

 

2010
Der Inhaber Reinhold Schmelter eröffnete 2010 die TelgterkaffeeBar mit einer Kaffeerösterei.
Internet

Danksagung
Ich möchte mich herzlich bei allen bedanken, die mich mit Informationen unterstütz haben. Mein Dank gilt Dipl. lng. Hermann Bolle, Florian Bolle, Dr. Fred Kaspa, Klaus Schwinger, Reinhold Schmelter und Barbara Steinberg.

Hilmar Henke

zu Foto 2: 

Das Foto zeigt eine Aufnahme um 1953 nachdem Alexander Schürmann in dem Haus Markt 5 eine Drogerie einrichtete, die bis 1982 bestanden hat. Auf dem Originalfoto ist die Beschriftung TELGTER - DROGERIE an der Hauswand, Ecke Markt/Bahnhofstraße noch schwach zu entziffern.

 

Geschichte des Wohn- und Geschäftshaus Kapellenstrasse 6

 

1785
Erste Hinweise auf eine Bebauung des Grundstückes Kapellenstraße 6 finden sich in einer Steuerliste der Gastwirte (Schildwirte) von 1785. Der damalige Besitzer Franz Evens führte eine Nebenerwerbsgastwirtschaft („In der Sonne“) und einen Krämerladen. Das Gebäude ist ein eingeschossiges Fachwerkgebäude mit einem 48O steilem Satteldach. Man verwendete um diese Zeit stets 48O, da man meinte, dass 45O zu steif aussehen. Die Fassade war verputzt, was zu dieser Zeit große Mode war. Man gab vor, dass dieses aus Brandschutzgründen geschah. Dieses ist widersprüchlich, da die Brandwände zwischen den Häusern unverputzt blieben. Das Erdgeschoss ist vierachsig und das Dachgeschoss dreiachsig.
Jutta Balzer, Archiv Telgte

 

1807   
Das Haus Kapellenstraße 6 hat der Kuchenbäcker/Schenkwirt Johann Heinrich Meyer durch Anstand von dem Bürger Franz Evens 1807 erworben. Wie gut es der Familie Meyer in finanzieller Hinsicht ging, zeigen zahlreiche Grundstückskäufe.
Archiv Telgte

 

1853   
Heinrich Ferdinand von Bobart heiratete 1853 in der katholischen Sankt Clemenskirche Telgte, Anna Maria Mayer, Tochter von dem Kuchenbäcker/Schenkwirt Johann Heinrich Meyer.
Hilmar Henke

 

1860   
Um 1860 wurde das Haus durch einen Neubau ersetzt, nachdem es 1853 durch Einheirat mit Anna Maria Meyer in den Besitz des Kupferschmieds Heinrich Ferdinand von Bobart (*1856, +1908) aus Rietberg gekommen war.
Archiv Telgte

 

1908   
Der Sohn von Heinrich Ferdinand von Bobart, der Kupferschmiedemeister Theodor -Joseph von Bobart (geb. 1856) stellte am 06.04.1908 einen Bauantrag für den Giebelumbau an die Polizeibehörde.

Bauantrag für den Giebelumbau Kapellenstraße 6, Telgte, den 6. April 1908.
Der Kupferschmiedemeister Herr Theodor-Joseph von Bobart beabsichtigt den alten Giebel der Vorderfront abzubrechen und durch einen neuen zu ersetzen. Derselbe soll im Erdgeschoß mit Zement verputzt werden, während das Obergeschoß und der Giebel mit grünen Verbundplatten besetzt wird. Die unteren Fensterpfeiler werden aus guten Backsteinen in Zementmörtel gemauert und mit durchgehenden Eisen abgedeckt. Das Fundament des vorhandenen Giebels sowie ein Teil des Sockels welcher gut ist, soll erhalten bleiben und für den neuen benutzt werden, sodass eine Verschiebung der Fluchtlinie nicht notwendig erscheint.
Unterzeichneter bittet eine hochlöbliche Polizeibehörde ihm baldigst die Genehmigung zu erteilen.
gez. Th.v. Bobart

Archiv Telgte. (Kopie von dem Anschreiben in Sütterlin Schrift siehe Bildergalerie Bild 1)

 

1947   
Anna Brüggemann führte von 1947 bis 1960 als Wirtschafterin den Haushalt der Familie Heinrich von Bobart. Sie pflegte Frau von Bobart und die Schwiegermutter und schließlich auch ihn selbst. Frau Brüggemann hat das Haus an der Kapellenstraße 26 Jahre bewohnt bis zu ihrem Auszug 1973.
Christian Westphälinger (Bildergalerie Bild 3)

 

1960   
Heinrich von Bobart hatte die Kupferschmiede seines Vaters um eine Bauklempnerei und Installationsgeschäft erweitert und bis 1960 weitergeführt. In dem Werkstattgebäude war die Esse noch bis zum Umbau in den späten 1980er Jahren erhalten. Nach dem Tod von Heinrich von Bobart 1960, wurde Anna Brüggemann Eigentümerin des Hauses Kapellenstraße 6
Christian Westphälinger

 

1962   
Frau Anna Brüggemann verkaufte das Haus 1962 an den Buchdruckereibesitzer Wolfgang Hansen. Er will das Haus abreißen und mit den beiden Nachbarzellen Nr.73 und 74 einen Wohnblock errichten, infolgedessen investiert er nichts in die Sanierung des Hauses. Der Landschaftsverband stimmt einen Abriss jedoch nicht zu, da man bestrebt ist, das städtebauliche Bild mit der kleinen Parzellierung (Parzellenschnitt bis 12 m) und die alten Straßenzüge zu erhalten. Von der Stadtverwaltung Telgte ist man bemüht, Herrn Hansen für eine Renovierung der Fassade zu gewinnen, um einer weiteren Zerstörung der Fassade vorzubeugen.
Jutta Balzer, Christian Westphälinger (Bildergalerie Bild 4)

 

1983   
Herr August Brandmann erwarb das Haus Kapellenstraße 6, um es mit einer Kernsanierung der Fassade mit ihrer stuckierten Jugendstilornamentik als auch historische Elemente im Inneren des Hauses zu erhalten.

 

1983   
Die Münsterische Zeitung veröffentlichte am 17.08.1983 einen Artikel über die Häuser in der Kapellenstraße.

„Visitenkarte ist im Vorstadium des Zerfalls“ Straße ist Schandfleck für die gesamte Stadt – Hauseigentümer in die Pflicht nehmen – Anreize schaffen, lauten die Überschriften.
Weiter heißt es „Mein Gott, warum ist die Straße denn so vergammelt?“ Das ist meist der Schreckensruf eines Wallfahrers, der per Bus nach Telgte kommt, auf dem Marktplatz aussteigt und dann einen ersten Blick auf die Kapellenstraße samt Fahnenschmuck wirft. Es ist den Gästen der Stadt auch wirklich nicht zu verdenken, dass sie erst einmal einen Schrecken bekommen. Der Zustand mehrerer Häuser auf dieser Straße, die – gewollt oder nicht – so etwas wie die Visitenkarte Telgtes ist, kann allenfalls noch als katastrophal bezeichnet werden. Zum Teil befinden sie sich schon im Vorstadium des Verfalls. Und diesen Eindruck nehmen die Besucher der Emsstadt dann mit nach Hause. „Die Straße ist ein Schandfleck für die gesamte Stadt“, meint dann auch SPD-Fraktionschef Klaus Beck, der den „trostlosen Zustand“ bedauert. „Wir sind der Meinung, dass in diesem Fall erst einmal die Hausbesitzer angesprochen werden müssen.“ Weiter heißt es in dem Artikel: Besonders eine Fassade hat es dem Stellvertretenden Stadtdirektor angetan: Kapellenstraße Nr. 6 „Dieser Jugendstilgiebel muss unbedingt erhalten bleiben. Die Substanz dahinter ist weniger wichtig.“ Der Giebel wurde schon vom Rat unter vorläufigen Denkmalschutz gestellt. Der nächste Schritt soll nun folgen: “Wir wollen dem Rat vorschlagen, das Haus endgültig unter Schutz zu stellen.“
Münsterische Zeitung 17.August 1983.

 

1986   
Das Wohn- und Geschäftshaus wurde am 07.04.1986 in die Denkmalliste Telgte eingetragen.
Charakteristische Merkmale: Dreigeschossiges, giebelständiges Jugendstilhaus; massiver Backsteinbau mit pfannengedecktem Satteldach. Die beiden oberen Geschosse mit flaschengrünen, glasierten Kacheln verkleidet. Beide Obergeschosse dreiachsig. Die Fenster sind mit stuckierten Zierfeldern versehen. Im zweiten Obergeschoss ein zentrales, dreigeteiltes Fenster, auf beiden Seiten je ein blinder Okulus. Im Giebel Ochsenaugen mit reichem Stuckschmuck. Der Giebel ist geschweift. Zwischen Erd- und erstem Obergeschoß stuckiertes Inschriftenfeld, flankiert von zwei quadratischen Ornamentfeldern. Erdgeschoß vierachsig. Originale Tür in zweiter Achse von links. Die Fenster sind original.
Bescheinigung der Stadt Telgte über die Eintragung des Hauses Kapellenstraße 6 in die Denkmalliste.

 

1988   
Das Werkstattgebäude wurde am 01.08.1988 in die Denkmalliste Telgte eingetragen.
Charakteristische Merkmale: Das hintere Werkstattgebäude, etwa um die letzte Jahrhundertwende zweigeschossig und in Fachwerk-Bauweise errichtet, dokumentiert exemplarisch die Entwicklung des Handwerks innerhalb der Altstadt. Es zeigt, auf welche Weise sich das kleinhandwerkliche Geschehen, das sich ursprünglich mit dem Wohnen unter einem gemeinsamen Dach abspielte, unter Aufgabe des Garten- und Hofgeländes in separaten kleinen Werkstattgebäuden hinter dem Wohnhaus etablierte. Das gut erhaltene Gebäude zeigt sich in seiner Sparfachwerk-Bauweise als ein typischer, letzter Vertreter der kurz nach der Jahrhundertwende erlöschenden Fachwerk-Bautradition mit relativ hohen Geschossen und sehr hochformatigen Fensterformen.
Im Inneren belegt eine noch vorhandene Esse die ursprüngliche Nutzung; im Bereich der Esse ist das Außenmauerwerk massiv ausgeführt.
Bescheinigung der Stadt Telgte über die Eintragung des Hauses Kapellenstraße 6 in die Denkmalliste.

 

1988   
Die Westfälischen Nachrichten veröffentlichte am 17.05.1988 einen Artikel über das Haus Nr. 6 in der Kapellenstraße.

„Kacheln werden neu gebrannt. Anfang August fertig.“ Der Weg war lang – und beschwerlich. Und viele Jahre lang war den Verantwortlichen in der Stadt das Haus Nummer 6 an der Kapellenstraße ein Dorn im Auge. Heruntergekommen, baufällig schäbig. Und dies als ein Gebäude, an dem nicht nur zigtausende von Telgter Besucher vorbeikamen, sondern als ein Haus, von dem Beigeordneter Roeing ob seiner Fassade von „einmalig für die Emsstadt“ sprach.

Weiter heißt es in dem Schriftsatz:

Doch dies wird nun alles ganz anders. Seit einigen Wochen ist das Haus Nummer 6 in „Bearbeitung“, wird von Fachhandwerkern vollständig erneuert, wird „durchrenoviert“, wie Architekt Brandmann erklärte. „Alleine die Umfassungswände bleiben bestehen, der Innenraum wird als zeitgemäßer Wohn- und Geschäftsbereich ausgebaut“, so Brandmann. Ein Blick durch die Fenster der Fassade reicht, um festzustellen, dass dieses Unterfangen nicht gerade leicht ist. Und der Telgter Architekt bestätigt, dass die Unterbringung von modernstem Sanitär, von Heizung, von Zwischenböden, Wänden und dem zu schaffenden Aufgang nicht einfach ist. Doch diese Schwierigkeiten waren noch kein Vergleich zu jenen, die vor dem Ausbau standen. Als denkmalgeschütztes Gebäude.
All dies ist jedoch Schnee von gestern. Die Arbeiten haben begonnen, die Renovierung wird, wenn alles im Terminplan bleibt, voraussichtlich zum August fertig. Danach wird die Buchhandlung Spangenberg – Spiegel die Geschäftsräume im Erdgeschoß nutzen, zwei Wohnungen sind im Haus noch vorgesehen. Das hinter dem denkmalgeschützten Gebäude Nummer sechs liegende Werkstattgebäude (das nicht in der Denkmalliste durch den Landeskonservator aufgeführt wurde) wird vom Bauherrn ebenfalls erhalten. Es soll, angeschlossen an das Vorderhaus, die Geschäfts- und Wohnbereiche vergrößern. Sehr viel Mühe machen sich Besitzer und Architekt auch mit der Fassade, dem „Schmuckstück“ des Hauses an der Kapellenstraße. „Wir haben sogar teilweise die grünen Kacheln ersetzen müssen und sie dazu eigens brennen lassen“, erklärte Brandmann einen Teil der Schwierigkeiten, mit denen solche Renovierungen verbunden sind. „Auf der einen Seite steht die verlangte Wirtschaftlichkeit, auf der anderen Seite sollen solche Häuser möglichst so erhalten bleiben, wie sie waren“.
Westfälische Nachrichten 17. Mai 1988

 

1988   
Im Hebst 1988 bezieht die Buchhandlung Spangenberg – Spiegel die Geschäftsräume im Erdgeschoß des Hauses Kapellenstraße 6.
Westfälische Nachrichten 2007

 

2007   
Am 1. Januar 2007 gab es einen Wechsel in der Buchhandlung Kapellenstraße 6, Walburga Westbrock wird neue Eigentümerin der Buchhandlung und ändert die Firmierung in LesArt um. Nach der Ausbildung zur Buchhändlerin war Walburga Westbrock rund zehn Jahre  in Baden - Württemberg in diesem Metier tätig und absolvierte die Ausbildung zur Fachwirtin im Buchhandel. Da sie vor etlichen Jahren während ihres Germanistik-Studiums bereits ein Praktikum bei Elisabeth Spangenberg-Spiegel gemacht hatte, nahm sie das Angebot zur Übernahme gerne an. Die Buchhandlung LesArt bleibt natürlich auch Servicepartner der Westfälischen Nachrichten.
Westfälische Nachrichten 2007

 

Danksagung

Ich möchten mich bei allen herzlich bedanken, die mich mit Informationen unterstütz haben, Fred Kaspar, Klaus Schwinger, Reinhold Schmelter, Ingo Mayer, Britta Stratmann, Jutta Balzer, Christian Westphälinger und Julia Plötzgen.

 

Hilmar Henke

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